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Rezension | Martin Gancarczyk – Der Geschmack von Blut und Schatten. Cold-Blooded, Band 1

„Malte ich mir eine Apokalypse immer mit Zombies, ohne Strom und mit einer zusammengebrochenen Gesellschaft aus, hätte ich nicht falscher liegen können.“


Inhalt

Grayson ist auf der Flucht – vor seinem Leben und den ganzen übernatürlichen Kreaturen, die nach seinem Leben trachten. Doch wie sollte es anders für den größten Pechvogel der Welt sein, er stirbt. Und erwacht kurz darauf wieder nach einem Kurztrip ins Reich der Toten. Grayson ist verwirrt, denn das ist für einen Menschen ganz und gar nicht normal. Doch wenn er dem attraktiven Gestaltwandler und Geheimagenten Wayland glaubt, scheint er gar kein Mensch zu sein, auch wenn er das immer geglaubt hat. Grayson wird immer mehr in die Mysterien und Machenschaften der übernatürlichen Welt verstrickt …


Meinung

Nur als Vorwarnung – dies wird eine kleine Liebeserklärung an ein Buch, das mich gleich am Anfang eines neuen Jahres in seinen Bann gezogen hat.

Das Setting.

In Cold-Blooded eröffnet sich eine Welt, die wie eine leicht verdrehte, sehr düstere und nicht weit entfernte Zukunftsvision der uns bekannten wirkt. Länder, in denen sich das Leben auf die großen und bekannten Städte konzentriert, die aber nicht von Menschen sondern von übernatürlichen Wesen regiert werden. Die Vielfalt ist dabei fast unerschöpflich: von Vampiren über Hexen bis hin zu Gestaltwandlern ist ein schillerndes Sammelsurium an Übernatürlichen vorhanden. Menschen stehen dadurch in der Nahrungskette recht weit unten und dienen teilweise wirklich als Nahrungsquelle. Durch ihre fehlenden magischen Fähigkeiten, die Kurzlebigkeit und die geringe Widerstandsfähigkeit werden sie aber manchmal auch einfach zur Befriedigung mehr oder minder sadistischer Bedürfnisse benutzt. Alles in allem ein sehr düsteres, aber enorm faszinierendes Setting in dem Protagonist Grayson versucht zu überleben. Dabei begibt er sich unter anderem auch nach New Orleans, das mich durch seine besondere Atmosphäre wohl am meisten faszinierte. Außerdem ist auch die Darstellung des Übernatürlichen und der Magie mit dem ein oder anderen Twist versehen, der mich immer tiefer in den Bann der Geschichte gezogen hat.

Der Stil.

Martin Gancarczyk hat mit seinem Schreibstil genau ins Schwarze getroffen. Eine faszinierende Atmosphäre trifft auf düstere Brutalität, die aber dennoch zartere Seiten hat. Außerdem ist eine ordentliche Prise Humor enthalten, die gerade bei Grayson besonders hervortritt. Gerade dieser Humor ist es, der wahrlich speziell ist und daher auch nicht bei allen auf Gegenliebe stoßen wird. Selbst ich habe an manchen Stellen mit den Augen gerollt, musste aber gleichzeitig immer lachen, daher war es für mich immer noch genau richtig. Aber dennoch wird hier nichts ins Klamaukige gezogen, denn Martin Gancarczyk spricht auch sehr ernste Themen an und spart auch nicht an tiefen Emotionen.

Die Charaktere.

Grayson
Hauptcharakter, 28 Jahre alt, aufgewachsen in einer Welt, in der Menschen quasi Nutzvieh sind und auf einer Liste, die es jedem erlaubt, ihn zu töten.
Merkmale: absolute Treffsicherheit in jedes vorhandene Fettnäpfchen zu treten (und wenn keins da ist, dann bring er es mit), fehlender Filter zwischen Gehirn und Mund, sowie ein sehr spezieller Humor – und ein Faible für alles, was aus den 1990ern stammt
Grayson hat mein Herz ja im Sturm erobert. Er hat einen ausgeprägten Galgenhumor, ist weit weg von perfekt und gibt auch mal zu, dass er sich am liebsten in die Ecke setzen und heulen würde, wenn alles schief läuft. Zwar weiß er nie, wann es besser wäre, den Mund zu halten, dafür ist er aber grundehrlich. Manchmal war er mir ein bisschen zu viel, er ist jemand, dessen Charakterzüge sehr präsent sind, aber selbst das war für mich ok, denn so ist es im richtigen Leben ja auch manchmal.

Wayland
Hauptcharakter, Gestaltwandler und Agent des Geheimdienstes MIA.
Waylands Wege kreuzen sich zwar nicht zufällig, aber eher unfreiwillig mit denen von Grayson. Er ist verschlossen, ein Einzelgänger, hat gern was zu sagen (nur nicht mit vielen Worten) und möchte seinen Willen durchsetzen. Außerdem will er sich immer wieder beweisen, aber er ist dabei nicht rücksichtslos. Wayland ist nicht so der große Redner. Auch wenn ich ihn manchmal schütteln wollte, mag ich ihn fast ein kleines bisschen mehr als Grayson.

Oft fällt es mir sehr leicht, mich nur auf die Protagonisten zu beschränken und nicht gleich alle Charaktere vorstellen zu wollen. Bei Cold-Blooded ist es nicht so. In dieser Welt laufen so viele tolle Figuren herum, dass ich am liebsten jedem ein paar Worte widmen wollen würde – seien es die beiden Omis von Wayland, Graysons Team beim Geheimdienst, uralte magische Wesen in New Orleans oder eine Mentorin, die hin und wieder mal die Geduld verliert. Ich war selten so verliebt in den kompletten Cast eines Buches, obwohl ich einige davon nicht mal annähernd sympathisch finde.

Die Geschichte.

Auf Cold-Blooded bin ich hier und da in den sozialen Medien aufmerksam geworden. Buchblogger, deren Meinung ich sehr schätze, haben es empfohlen oder, besser gesagt, regelrecht davon geschwärmt und so ist es auf meine Wunschliste gewandert. Dann habe ich Martin Gancarczyks Beiträge in den Netzwerken verfolgt und das Buch wanderte immer weiter nach oben, da mich sowohl der Autor fasziniert und einen Nerv bei mir trifft als auch die Ausschnitte aus „Der Geschmack von Blut und Schatten“. Ihr werdet euch fragen, warum mir es mir wichtig ist, das überhaupt zu erwähnen – Cold-Blooded ist im Selbstverlag erschienen und hat dadurch nicht die Reichweite, die ein Publikumsverlag bieten kann. Aber auch hier findet man das ein oder andere Schätzchen, wie Cold-Blooded eindrucksvoll beweist.

Eine weiterer Aspekt, der mir gefiel, war der Umgang mit der Liebe – Sexualität, Gefühle und Beziehungsmodelle spielen zwar eine Rolle, aber das Geschlecht nicht. Also so gar nicht. Die enthaltenen Liebesgeschichten oder Beziehungen sind so zauberhaft dargestellt, dass es selbst für mich – die oft einen großen Bogen um Liebesgeschichten jeglicher Art macht – einfach ein berührendes Gefühl war, sie zwischen den Seiten zu erleben. Es gibt wenige Autoren, die es schaffen, dass ich die Liebe mitfühlen kann und nicht genervt die Augen verdrehe, und Martin Gancarczyk ist einer davon.

Die Seiten flogen nur so an mir vorüber, denn ich wollte immer mehr – mehr von den Charakteren, mehr von dieser Welt, einfach mehr. Ich wurde auf eine spannende und nervenaufreibende Achterbahnfahrt mitgenommen, auf der ich immer wieder etwas Neues entdeckt habe. Am Ende war ich richtig enttäuscht, dass es schon vorbei war und auch das muss bei einem Buch mit über 450 Seiten erstmal geschafft werden.

Das Fazit.

Martin Gancarczyk hat mit dem ersten Band von Cold-Blooded einen Debütroman vorgelegt, der mich emotional komplett mitgerissen hat. „Der Geschmack von Blut und Schatten“ hat mir ein kleines Stück meines Herzens gestohlen, das jetzt mit Grayson umher wandert und sehnsüchtig darauf wartet, die Geschichte im zweiten Band weiter erleben zu können.
Für mich ein Lesehighlight und eine Buchempfehlung für Liebhaber von ungewöhnlicher Phantastik, die ein bisschen Urban, ordentlich Dark und ein wenig Crime Noir ist und sympathische Charaktere mit einem leicht verdrehten Humor mitbringt.


Fakten

(Werbung, unbezahlt)

Verlag: Selfpublished

Erscheinungsdatum: Juli 2020

ISBN: 9783966986021

Preis: 15,95 €

broschiert, 460 Seiten

weitere Formate: eBook

Genre: Dark Fantasy

Über den Autor

Martin Gancarczyk, 1982 geboren, ist Autor, Illustrator und Designer. Der studierte Kommunikationsdesigner lebte für eine Weile in Australien, bis es ihn wieder in den Norden Deutschlands zog. „Der Geschmack von Blut und Schatten“ ist sein Debütroman.


Zitat Seite 10

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