Rezension | M.G. Wheaton – Emily Eternal
„Falls sich jemand fragt, ob die Apokalypse es der Regierung endlich ausgetrieben hat, sich Akronyme auszudenken, auf die selbst Orwell stolz wäre, lautet die Antwort nein.“
Inhalt
Der Menschheit steht ihr Ende bevor.
Die Sonne droht zu erlöschen und wird die Bewohner der Erde dabei zerstören.
In diesen Zeiten existiert Emily. Sie ist ein Künstliches Bewusstsein, entwickelt von amerikanischen Wissenschaftlern an einer Universität und lernt dort Menschen zu therapieren. Dabei wird sie selbst immer menschenähnlicher in ihren Verhaltensweisen, was dazu führt, dass Emily dem Ende mit sehr gemischten Gefühlen entgegensieht. Als sich eine Möglichkeit zeigt, die Menschheit zu bewahren, setzt Emily alles daran, diesen Plan mit allen Fähigkeiten, die ihr zu Verfügung stehen, umzusetzen …
Meinung
Der Stil.
„Emily Eternal“ kommt überraschend daher – überraschend jugendlich, locker und humorvoll. Als Leser begleitet man das gesamte Buch über Emily, sie erzählt in der Ich-Perspektive von ihren Erlebnissen. Dadurch war der Erzählstil leicht, aber dennoch emotional. Die technischen Aspekte waren für einen Laien wie mich leicht verständlich, es wurde nichts zu sehr vertieft, was an manchen Stellen dem Verständnis abträglich war.
Das Setting.
Der Leser befindet sich zusammen mit Emily in Amerika, in einer nicht näher benannten Zukunft. Die Menschheit steht kurz vor ihrem Untergang, viel früher als eigentlich von Wissenschaftlern berechnet, und sie weiß es auch. Die Sonne wird erlöschen, explodieren, ihren Lebenslauf beenden, die Benennung des Vorganges war recht schwammig, auch wenn man weiß, was der Autor damit meint.
Anfangs ist das Setting recht begrenzt auf die Universität, in der Emily sich befindet, doch im Laufe der Geschichte wächst es sich zu einem Road Trip aus.
Die Charaktere.
Emily
Künstliches Bewusstsein (darauf legt sie wert, denn sie möchte nicht als Künstliche Intelligenz bezeichnet werden), seit 5 Jahren aktiv, behandelt momentan noch Versuchspersonen mit psychischen Erkrankungen. Emily befindet sich noch in der Entwicklung und im Lernmodus, sie soll möglichst menschlich agieren und ihren Patienten dadurch ein angenehmes Gefühl vermitteln.
Emily verhält sich wie die junge Frau, deren Äußeres sie angenommen hat, meist sogar eher jugendlich. Sie ist sehr emotional und verhält sich teilweise so perfekt menschlich, dass sie menschlicher wirkt, als die Menschen um sie herum.
Nathan
Wissenschaftler, Entwickler von Emily und Leiter des Teams, das das Künstliche Bewusstsein erforscht. Nathan stellt seine Forschung vor seine Familie und versucht Emily genauso zu behandeln, wie er sich einem Menschen gegenüber verhalten würde. Vielleicht sogar ein wenig netter, da er so etwas wie Vaterstolz für sie empfindet.
Das Team
Die Wissenschaftler in dem Forschungsteam sind allesamt brillant, aber bleiben recht flach und wenig ausgearbeitet.
Die Geschichte.
Ich gebe zu, dass mich „Emily Eternal“ überrascht hat, da ich mit falschen Erwartungen heran gegangen bin. Ob die Überraschung positiv oder negativ war, kann ich nicht so recht benennen, denn da bin ich mir immer noch nicht sicher.
Meinen größten Kritikpunkt an der Geschichte gibt es gleich zum Anfang.
Stellt euch vor, die Welt geht unter und die gesamte Bevölkerung weiß Bescheid. Ein paar wandern in andere Gebiete ab, ein paar versuchen autonom zu leben, aber ansonsten passiert genau nichts. Alle sind vernünftig, fast alles läuft gesittet ab und ich hab mich beim Lesen gefragt, ob ich einfach ein etwas zu pessimistisches Bild vom Menschen an sich habe. Ich kann mir schlicht nicht vorstellen, dass alle so rational reagieren sollen. Außerdem war der Weltuntergang halt einfach nur das Setting, denn in den Mittelpunkt hat sich etwas ganz anderes gedrängt.
Denn in „Emily Eternal“ dreht sich wirklich alles um die namensgebende Protagonistin. Ja, ein Künstliches Bewusstsein ist speziell und etwas anderes als eine künstliche Intelligenz, sie lernt anders und sie ist logischerweise ein Superhirn, aber wie sehr das alles ausgereizt und beschrieben wurde, entbehrte an manchen Stellen jeglicher Logik für mich. Die technischen Aspekte erschienen am Anfang recht klar, aber ich wurde das Gefühl nicht los, dass sich der Autor im Laufe der Geschichte manchmal seine eigenen Regeln etwas gebogen hat, damit die Storyline wieder hineinpasst.
An sich ging mir alles etwas zu schnell, die Aspekte des Unterganges, die mich interessiert haben, wurden nur in Nebensätzen abgehandelt und blieben recht oberflächlich.
Außerdem war die gesamte Geschichte nur auf Emily und ihre Gefühlswelt fixiert, dadurch verschwand der Rest, das ganze Drumherum, selbst die meisten anderen Charaktere hinter Emily. Viele Nebencharaktere haben einen kurzen Auftritt bekommen, mit einer angeteaserten Storyline, die so offensichtlich genutzt wurde, dass man ihre Entwicklung komplett voraussehen konnte. Das fand ich sehr schade, wäre hier ein wenig mehr Tiefe hinein gelegt worden, dann wäre es richtig spannend gewesen. Außerdem haben die Menschen in dieser Geschichte viel weniger menschlich agiert, viel vorhersehbarer und viel rationaler, als ich einen Menschen sehe, und dadurch wurde auch das Konfliktpotential herunter gesetzt. Für mich waren sie Statisten, die das Streben nach perfekter Menschlichkeit durch Emily noch hervorheben sollten. Ihre Emotionen waren dadurch so präsent und erschienen an vielen Stellen viel menschlicher als die eigentlichen Menschen in der Geschichte.
Dennoch mochte ich das Buch. Ja, das kommt überraschend, der Meinung bin ich selbst. Nachdem ich mich einmal von meinen Erwartungen ein bisschen losgemacht habe, bin ich nur so durch die Geschichte geflogen. Der Schreibstil ist gut verständlich und hat seine humorvollen Seiten, die mich zum Schmunzeln gebracht haben. An manchen Stellen wurde mir zu viel an der Logik herum gebogen, aber wenn ich das einfach habe geschehen lassen, war es verständlich, denn es brachte die Geschichte voran. Zum Schluß habe ich „Emily Eternal“ als Young Adult Liebesroman angesehen, der zufällig einige Science Fiction Elemente beinhaltet und ein Künstliches Bewusstsein als Protagonistin mitbringt. Und wenn man den Roman so sieht, dann funktioniert er auch erstaunlich gut.
Das Fazit.
Ein locker-leichter Liebesroman für junge Erwachsene, mit einem Weltuntergangssetting, Science Fiction Aspekten und einer sehr menschlichen, aber dennoch sympathischen Künstlichen Bewusstseinsform als Hauptfigur.
Fakten
(Werbung, Rezensionsexemplar)
Verlag: Heyne
Erscheinungsdatum: 11.05.2020
ISBN: 9783453319967
Preis: 14,99 €
Klappenbroschur, 384 Seiten
weitere Formate: eBook
Genre: Science Fiction, Jugendbuch, Liebesroman
Über die Autorin
M.G. Wheaton, oder auch Mark Wheaton, wurde 1975 in Texas geboren. Erst im IT-Bereich tätig, sattelte er bald um und machte sich als Journalist und Autor einen Namen. Er schreibt unter anderem Drehbücher und Geschichten für Video Games. Wheaton lebt in Los Angeles.
Dieses Buch wurde mir als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt. Dies beeinflusst meine Meinung nicht. Vielen Dank für das Rezensionsexemplar an das Bloggerportal der Verlagsgruppe Random House und den Heyne Verlag.